EuGH: Einzelne Tarif-Optionen von Vodafone und der DTAG verstoßen gegen EU-Recht

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Während bei DSL-Anschlüssen die „Flatrate“ schon lange Standard ist, werden im Mobilfunkbereich meist Volumentarife angeboten. Die mobile Nutzung von Diensten wie Spotify, Netflix oder YouTube ist datenintensiv und das vereinbarte Datenvolumen daher schnell verbraucht.

Mobilfunkanbieter haben auf dieses Problem mit verschiedenen „Nulltarif-Optionen“ (auch „Zero-rating“ genannt) reagiert. Vodafone hatte z.B. die Optionen „Video Pass“ oder „Music Pass“ im Angebot, die Deutsche Telekom die Option „Stream On“. Für Kunden, die eine dieser Optionen buchten, wurde das auf Audio- oder Videostreaming bestimmter Contentpartner entfallende Datenvolumen nicht auf das Inklusivvolumen des Basistarifs angerechnet. Die Telekom beschränkte für Nutzer der Option allerdings die Bandbreite auf maximal 1,7 Mbit/s, Vodafone rechnete Datenverbrauch bei der Nutzung im EU-Ausland weiterhin auf das Inklusivvolumen an.

Die Bundesnetzagentur und der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) sahen in dieser Praxis einen Verstoß gegen Netzneutralität, die aufgrund einer Verordnung EU-weit von Providern zu beachten ist. In gleich drei Verfahren haben das Verwaltungsgericht Köln und das Oberlandesgericht Düsseldorf den EuGH angerufen und gefragt, ob die „Nulltarif-Optionen“, die Bandbreitenreduzierung sowie die unterschiedliche Behandlung des Traffics im In- und Ausland sowie Beschränkungen beim „Tethering" (dabei wird z.B. das Handy zum Hotspot für weitere Geräte gemacht) zulässig sind.

Mit drei Urteilen (Az. C-854/19, C-5/20 und C-34/20) vom 02.09.2021 hat der EuGH festgestellt, dass die Optionen gegen die Verordnung über den Zugang zum offenen Internet verstoßen und die vorgenommenen Beschränkungen der Bandbreite und des Tethering mit dem Unionsrecht unvereinbar sind. In seiner Pressemitteilung führt der Gerichtshof aus,

„dass bei einer „Nulltarif-Option“ wie den in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden auf der Grundlage kommerzieller Erwägungen eine Unterscheidung innerhalb des Internetverkehrs vorgenommen wird, indem der Datenverkehr zu bestimmten Partneranwendungen nicht auf den Basistarif angerechnet wird. Eine solche Geschäftspraxis verstößt gegen die allgemeine, in der Verordnung über den Zugang zum offenen Internet aufgestellte Pflicht, den Verkehr ohne Diskriminierung oder Störung gleich zu behandeln“.

Für die Tarife, die Gegenstand des Verfahrens waren, bedeutet dies das Aus – teilweise werden sie aber ohnehin Neukunden schon nicht mehr angeboten. Die Bundesnetzagentur sieht trotzdem weiter Handlungsbedarf seitens der Provider und äußerte durch ihre Sprecherin Marta Mituta:

„Die Entscheidungen des EuGH gehen über die Anordnungen der Bundesnetzagentur hinaus. Es ist deswegen zu erwarten, dass die auf Anordnung der Bundesnetzagentur bereits 2019 angepassten Angebote in ihrer jetzigen Form nicht aufrechterhalten werden können.“

Es ist daher mit weiteren Gerichtsverfahren zur Frage der Netzneutralität zu rechnen.

Autor: Rechtsanwalt Marc Hügel