Elektronische Wertpapiere kommen – Aktien auf der Blockchain?

Share on Twitter Share on Facebook Share on Xing Share on LinkedIn Print

Wertpapierhandel in Deutschland, das hieß bislang immer „Papier“. Ob die Anleger es wussten oder nicht, der Handel mit Wertpapieren setzte bislang die körperliche Existenz wenigstens einer Sammelurkunde (auch „Globalurkunde“ genannt) voraus, die bei einer Sammelbank gelagert wird und an der Anleger Miteigentum nach Bruchteilen erwerben.

Das „Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren“ (eWpG) bricht mit dieser Tradition und erlaubt jedenfalls für bestimmte Arten von Wertpapieren (Schuldverschreibungen, Pfandbriefe und Investmentanteilsscheine) elektronische Versionen. Auffällig ist das Fehlen der Aktien, wobei der Gesetzesentwurf eine spätere Erweiterung auf diese ankündigt. Ebenfalls nicht erfasst werden andere auf der Blockchain übertragene digitale Werte, insbesondere Kryptowährungen (z.B. Bitcoin) oder Token.

An die Stelle der (papierhaften) Sammelurkunde treten in Zukunft Zentralregisterwertpapiere und Kryptowertpapiere. Beide unterliegen zum Teil denselben Regeln, obwohl sie sich faktisch deutlich unterscheiden. So sind sowohl in zentralen Registern als auch in Kryptowertpapierregistern alle Informationen einzutragen, die schon für Sammelurkunden vorgesehen sind. Dazu gehören unter anderem der wesentliche Inhalt des Rechts einschließlich einer Kennnummer, das Emissionsvolumen, der Nennbetrag, der Emittent und vor allem der Inhaber (§§ 13, 17 eWpG). Im Kryptowertpapierregister ist zusätzlich eine Kennzeichnung als Wertpapier erforderlich.

Die zentralen Register ähneln dabei stark den bisherigen Sammelbanken. Sie können nur von Wertpapiersammelbanken oder Verwahrern geführt werden, was der bisherigen Rechtslage für Sammelurkunden nach § 6 iVm § 2 S. 1 DepotG entspricht. 

Kryptowertpapierregister sind hingegen dezentral organisiert, also insbesondere mittels „Blockchain“-Technologie. Das Gesetz fordert insofern ein „fälschungssicheres Aufzeichnungssystem, in dem Daten in der Zeitfolge protokolliert und gegen unbefugte Löschung sowie nachträgliche Veränderung geschützt gespeichert werden“ (§ 16 Abs. 1 eWpG).

Aus der dezentralen Führung des Registers folgt jedoch keineswegs, dass es keinen Verantwortlichen für die gespeicherten Daten und deren Richtigkeit gibt. Das Gesetz sieht hier vor, dass der vom Emittenten als registerführende Stelle als solche Benannte für die Datenqualität und -integrität verantwortlich ist. Erfolgt keine Benennung, gilt der Emittent selbst (also möglicherweise Industriekonzerne) qua Gesetz als registerführende Stelle (§ 16 Abs. 2 S. 2 eWpG). Hierin liegt ein erhebliches Haftungsrisiko für Emittenten von Kryptowertpapieren, denn die registerführende Stelle haftet sowohl für eine im Register falsch wiedergegebene Rechtslage, als auch für Datenverlust oder unbefugte Datenveränderung, hinzu kommen diverse Bußgeldvorschriften gemäß § 31 eWpG. In der Praxis wird man dem technischen Risiko beim Einsatz öffentlicher Blockchains wohl nur durch den Einsatz privater Blockchains begegnen können.

Das Gesetz ist zwar bereits am 03.06.2021 in Kraft getreten, bislang können Interessierte aber keine elektronischen Wertpapiere erwerben. Das Gesetz überlässt große Teile der praktischen Umsetzung dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und dem Bundesministerium der Finanzen. Diese können durch Verordnung nähere Bestimmungen in Bezug auf zentrale Register und Kryptowährungsregister treffen, was bislang nicht geschehen ist. Aktuell liegt von diesen Ministerien der Entwurf einer Verordnung über Anforderungen an elektronische Wertpapierregister vor, zu dem noch bis zum 14.09.2021 Stellungnahmen abgegeben werden können.

Autor: Rechtsanwalt Björn Frommer