BGH entscheidet zum Influencer-Marketing

Share on Twitter Share on Facebook Share on Xing Share on LinkedIn Print

Werbung in sozialen Medien ist relevant wie nie. So erfuhren die Aktien der italienischen Safilo Group am Montag einen Kurssprung um 14%, nachdem das Unternehmen einen Vertrag mit der Influencerin Chiara Ferragni unterzeichnet hatte, die über 25 Millionen Follower bei Instagram zählt.

Vor Gericht stellt sich aber oft die Frage: was ist eigentlich (Schleich-)Werbung, bzw. wann müssen Beiträge als Werbung gekennzeichnet werden? In gleich drei Verfahren hat nun der Bundesgerichtshof (BGH) zu diesem Thema entschieden und dadurch mehr Rechtssicherheit für Unternehmen und Influencer geschaffen.

In allen drei Verfahren (Az. I ZR 90/20, I ZR 125/20, I ZR 126/20) ging es um Instagram Accounts erfolgreicher Influencerinnen, die Beiträge zu Themen wie Beauty, Mode, Reisen oder Fitness veröffentlichten, aber nicht alle Beiträge als Werbung kennzeichneten. Einige Bilder enthielten sogenannte "Tap Tags", die beim Anklicken von auf den Bildern zu sehenden Produkten erscheinen und die Firmen oder Marken der Hersteller dieser Produkte nennen. Der klagende Wettbewerbsverband sah hierin einen Verstoß gegen § 5a VI UWG, also die Pflicht, den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung kenntlich zu machen.

Der BGH hat nun klargestellt, dass die Beiträge auf Instagram geschäftliche Handlungen im Sinne des UWG darstellen, die zugunsten des Unternehmens der jeweiligen Influencerin erfolgen. Ein Verstoß gegen § 5a VI UWG liege darin aber nicht, weil für Verbraucher offensichtlich sei, dass es sich um Werbung handelt. Daneben fördern die Beiträge aber auch die Interessen der Hersteller der dargestellten Produkte. Hier unterscheidet der BGH: hat die Influencerin eine Gegenleistung für den Beitrag erhalten,

liegt eine kennzeichnungspflichtige Werbung vor. Sofern aber – wie in zwei der drei verhandelten Fälle – keine Gegenleistung eines Dritten erfolgte, sind die Beiträge auch ohne Kennzeichnung als Werbung zulässig. Eine „Hintertür“ hat der BGH hier aber offengelassen: auch bei Fehlen einer Gegenleistung muss ein Beitrag als Werbung gekennzeichnet werden, wenn er„nach seinem Gesamteindruck übertrieben werblich ist, etwa weil er ohne jede kritische Distanz allein die Vorzüge eines Produkts dieses Unternehmens in einer Weise lobend hervorhebt, dass die Darstellung den Rahmen einer sachlich veranlassten Information verlässt“. Wann im Einzelfall diese Voraussetzungen vorliegen, wird in weiteren Gerichtsverfahren zu klären sein. Bei einer Verlinkung auf die Internetseite des Herstellers des abgebildeten Produkts liege jedenfalls regelmäßig ein werblicher Überschuss vor, führt der BGH in seiner Pressemitteilung aus.

Unter Umständen wird auch der BGH seine Rechtsprechung schon bald neu zu bewerten haben. Denn der EuGH hat wenige Tage vor den BGH-Urteilen zu Werbung im Rahmen redaktioneller Inhalte entschieden, dass eine „Bezahlung“ im Sinne von Nr. 11 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG kein Entgelt voraussetzt. Es genüge eine geldwerte Gegenleistung in jeder Form, „sofern ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der in dieser Weise vom Gewerbetreibenden geleisteten Bezahlung und der Veröffentlichung besteht“.  Auch ein kostenfrei zur Verfügung gestelltes Produktfoto kann eine „Bezahlung“ in diesem Sinne darstellen, so der EuGH (Urteil vom 02.09.2021, Az. C-371/20).

Autor: Rechtsanwalt Maximilian Braun