Arbeitgeberbewertungsportal muss Verfasser von Kritik nennen oder Beitrag löschen

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Online-Bewertungen sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Jedes Produkt, Hotel o.ä. wird durch Sterne und/oder Kommentare bewertet und so für potentielle Interessierte attraktiver ­­– oder auch nicht. Auch Arbeitgeber können von aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern bewertet werden, was bei der Akquise von neuen Mitarbeitern ein entscheidender Faktor sein kann.

Die bekannte Bewertungsplattform kununu wurde nun durch das Oberlandesgericht Hamburg (OLG) verpflichtet, zwei negative Bewertungen zu löschen (Beschluss vom 08.02.2024, Az. 7 W 11/24). Das bewertete Unternehmen hatte durch eine Kanzlei kununu in kurzer Zeit zur Löschung von 11 der insgesamt 14 Bewertungen aufgefordert und zur Begründung jeweils nur bestritten, dass die Bewertung tatsächlich von einem Bewerber oder Mitarbeiter stammt.

Kununu hat daraufhin die jeweiligen Bewerter angeschrieben und um Nachweise dafür gebeten, dass diese Kontakt zu dem Unternehmen hatten. Laut kununu legten die Bewerter daraufhin Tätigkeitsnachweise vor, welche durch kununu geprüft und anschließend anonymisiert an das bewertete Unternehmen geschickt wurden. Eine Löschung der beanstandeten Beiträge unterblieb, so dass das Unternehmen vor Gericht ging.

Das Landgericht Hamburg sah diese Nachweise in erster Instanz als ausreichend an, um eine tatsächliche Mitarbeiterstellung der Rezensenten nachzuweisen und wies den Unterlassungsantrag ab. Das OLG Hamburg hielt die Nachweise hingegen für nicht ausreichend und gab der Antragstellerin Recht. Kununu hätte  die Bewerter so identifizierbar machen müssen, dass die Antragstellerin in der Lage gewesen wäre, das tatsächliche Vorliegen eines geschäftlichen Kontaktes zu prüfen. Die Vorlage anonymisierter Tätigkeitsnachweise sei hierzu nicht geeignet:

„Die der Antragstellerin im Laufe des gerichtlichen Verfahrens übermittelten Unterlagen mögen aus dem Geschäftsbereich der Antragstellerin stammen; wer die betreffenden Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter gewesen sein mögen, auf die sie sich beziehen, vermag sie aus diesen Unterlagen aber nicht zu erkennen, so dass sie nicht überprüfen kann, ob die Urkunden wirklich die Urheber der Bewertungen betreffen und ob es sich dabei tatsächlich um Personen handelt, die einmal für sie gearbeitet haben oder noch für sie arbeiten.“

Das Ergebnis ist ebenso erstaunlich wie richtig: einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch auf Nennung der Bewertenden hätte das Unternehmen im vorliegenden Fall wohl nicht gehabt, da die Bewertungen keine strafbaren Inhalte im Sinne des § 1 Abs. 3 NetzDG darstellten und somit ein Auskunftsanspruch nach § 21 Abs. 2 TTDSG ausscheidet. Das Ergebnis des Gerichts lautet dennoch: Auskunft oder Löschung. Denn das OLG hat zutreffend festgehalten, dass der Bewertete negativen, rechtswidrigen Rezensionen wehrlos gegenüberstünde, wenn diese auch dann online bleiben dürften, wenn unklar ist, ob überhaupt ein geschäftlicher Kontakt bestand. Ohne diesen fehlt der Bewertung nämlich jegliche Tatsachengrundlage, so dass sie auch als Werturteil unzulässig ist.

Die Entscheidung lässt sich auf Google Maps und andere Bewertungsportale übertragen, so dass mit zahlreichen weiteren Fällen dieser Art zu rechnen ist.

 

Autor: Rechtsanwalt Marc Hügel